Kapitel 11: Schmerz als Mittel für politische oder soziale Stellungnahmen

 

 

Den selbst zugefügten Schmerz in der Öffentlichkeit einzusetzen, um eine politische Aussage von großer Dringlichkeit treffen zu wollen, ist ein Phänomen, welches in immer wiederkehrenden Abständen von politischen Aktivisten benutzt wird. Im Sommer 2003 gab es in Frankreich eine Welle versuchter Selbstverbrennungen von Exil-Iranern, die damit gegen Festnahmen iranischer Oppositioneller protestieren wollten. Bekannteste Märtyrer dieser Form des Suizids sind sicher der buddhistische Mönch Thich Quang Duc, der sich 1963 in Saigon aus Protest gegen den vietnamesischen Diktator Ngo Dinh Diem verbrannte und der Student Jan Palach, der den extrem schmerzhaften Tod auf dem Wenzelsplatz in Prag auf sich nahm, um 1969 ein Fanal gegen die sowjetische Besatzung in der Tschechoslowakei zu setzen.[1] Der tschechoslowakische Performer Tomas Ruller bezog sich in seiner Aktion „8.8.8.“ (im Jahr 1988 in Prag durchgeführt) direkt auf diese Tat. In dieser heimlich durchgeführten Arbeit, die als Video und als Fotosequenz dokumentiert ist, bewegt sich der Künstler durch eine unwirtliche urbane Gegend. Auf der letzten Fotografie sieht man den Rücken des Künstlers in Flammen stehen, kurz bevor er sich in einen nahen Teich wirft.

In Deutschland hat es Mitte der 90er Jahre Selbstverbrennungen von Kurden gegeben, die damit auf ihre Unterdrückung in der Türkei hinweisen wollten, um auch die deutsche Politik zu einem Umdenken in den deutsch-türkischen Beziehungen zu zwingen.

Der Suizid ist die extremste Form des politischen Protestes. Die Selbstverbrennung wiederum ist mit Sicherheit eine der schmerzvollsten Formen des Selbstmordes. Wenn zu dieser letzten Möglichkeit der Auflehnung gegen bestehende Gesellschaftsordnungen gegriffen wird, ist sich der Selbstmörder bewusst, dass das Bild seines Schmerzes eine politische Wirkung erzeugen wird. Hier wird durch eine extreme Selbstverletzung gegen eine, insbesondere in der christlichen Ethik bestehende, Moral gehandelt. Auch in der Kunst und selbstverständlich auch in den Kunstwerken, die in dieser Untersuchung betrachtet werden, kommt es zu Brüchen mit gesellschaftlichen Moralvorstellungen. In einigen Fällen wird bewusst gegen Codes verstoßen, die eine Gesellschaft gemeinsam festgelegt hat, um in einer geregelten Form existieren zu können. Ich werde in dieser Arbeit nicht über einen performativen Suizid sprechen, habe aber weiter oben mit der Erwähnung der Selbstverbrennung deutlich machen wollen, was die Beweggründe für extreme Bilder des Protestes sein können. Die Performer in diesem Artikel benutzen eine andere Form der Ausdrucksweise, die jedoch in einigen Fällen durch die Wahl der Mittel nicht weniger schockierend erscheint.

 

 

 

11.1. Kannibalismus und Auflehnung gegen die Moral – Zhu Yu

 

 

Am Beispiel der Performance „Eating people“ (im chinesischen Original „Shi ren“) des Chinesen Zhu Yu möchte ich erläutern, wie auf, sowohl für den Künstler als auch für den Betrachter, schmerzvolle Weise mit gesellschaftlicher Moral umgegangen wird.

Die Arbeit wurde von dem Künstler in seinem Privathaus mit wenigen Künstlerfreunden als Zeugen durchgeführt. Als Dokumentation existiert eine Reihe von Fotos. Somit hat nur eine geringe Anzahl von Menschen die tatsächliche Performance live gesehen. Grund für diese Performance war die Einladung zu der Ausstellung „Fuck Off“ (chinesisch: Bu heizhuo fangshi)[2], die im November 2000 in der Eastlink Gallery in Shanghai stattgefunden hat.[3] Da ich mit dem Künstler in direktem Kontakt stehe, gehe ich davon aus, dass sich die Arbeit in der Form zugetragen hat, in der sie mir geschildert wurde.

In den Fotografien, die mir zur Verfügung stehen, sieht man auf der ersten Abbildung einen jungen Mann, Zhu Yu, der einen menschlichen Fötus unter einem Wasserhahn abzuspülen scheint. Die fetale Haltung des menschlichen Wesens ist deutlich zu erkennen. Eine weitere Fotografie zeigt Zhu Yu, wie er die offensichtlich zerteilten Elemente des Fötus auf einem weißen Teller durch einen Wohnraum trägt. Die dritte Fotografie zeigt den Künstler wie er an einem Esstisch mit einer weißen Tischdecke sitzt. Vor ihm befindet sich der Teller mit den Körperteilen des Fötus, ein weiterer Teller mit einer Gabel darauf, eine Schale, in welcher normalerweise Reis gereicht wird, ein Teller mit Gemüse, eine Flasche, deren Inhalt nicht erkennbar ist, eine brennende Kerze und eine Schachtel Zigaretten, auf der ein Feuerzeug liegt. Zhu Yu hält einen abgetrennten Arm des Fötus in beiden Händen und beißt etwa in Höhe des Schulterblattes hinein. Rechts neben dem Teller mit den Körperteilen befindet sich eine Serviette, unter welcher man Knochenteile mit Hautresten erkennen kann, die darauf hindeuten, dass der Akt der Einverleibung bereits fortgeschritten ist. Die letzte Fotografie zeigt Zhu Yu, wie er den Torso des Fötus in beiden Händen hält und in die Rückenfläche beißt. Es befinden sich nur noch wenige Teile des Fötus auf dem großen weißen Teller. Ein Großteil der Knochen ist rechts auf dem Tisch zu erkennen.

Es ist offensichtlich, dass hier ein kannibalischer Akt stattgefunden hat. Und obwohl dieser Akt lediglich vor einem sehr kleinen Publikum stattgefunden hat, möchte ich ihn hier als Performance betrachten, da er alle Bedingungen erfüllt, die in Bezug auf die lebenden Bilder innerhalb der Performance Art von Bedeutung sind.

In Bezug auf die Repräsentation von Schmerz erscheint die oben beschriebene Arbeit verschiedene Aspekte zu beinhalten. Der Künstler selbst gab an, sich nicht nur zweimal übergeben zu haben, während er den Fötus aß, sondern auch nach Abschluss der Arbeit mit psychischen Problemen belastet gewesen zu sein. Für einen längeren Zeitraum war es Zhu Yu nicht möglich, sein Studio zu betreten, da die Eindrücke der Aktion ihn in der Rückschau psychisch bedrängten.[4] Meiling Cheng sieht in diesen Reaktionen eine „psychosomatische Gewalt jenseits seiner rationalen Kontrolle“[5] wirken. Zhu Yus Körper schien, trotz der rationalen, inhaltlichen Überzeugung von der Aktion, eine Abwehrreaktion, im Klartext physischen und psychischen Schmerz, gegen den kannibalischen Akt zu produzieren. Dieses körperliche Echo widerspricht der Intention Zhu Yus, die ihn zu der Durchführung der Arbeit inspirierte. Ein künstlerisches Statement, welches zusammen mit den Fotos veröffentlicht wurde, klingt folgendermaßen:

 

„So long as it can be done in a way that does not commit a crime, eating people is not forbidden by any of individual’s or society’s laws or religions; I herewith announce my intention and my aim to eat people as a protest against mankind’s moral judgement that one cannot eat people.”[6]

 

An anderer Stelle unterstreicht der Künstler, dass er gläubiger Christ sei und die christliche Religion in engem Zusammenhang mit blutigen Ritualen stehe. Ohne Zweifel enthält die Heilige Kommunion, in welcher Brot und Wein als symbolischer Leib Christi einverleibt werden, diese Assoziationen. Die moralische Verabredung innerhalb der menschlichen Gemeinschaft unserer Zeit lehnt jedoch Kannibalismus eindeutig ab.

Was ist also genau das Ziel des Protests bei Zhu Yu, wenn er somatisch offensichtlich mit einer subjektiven Abwehr gegen den Moralbruch reagiert, den er intentional begehen will? In meiner Auffassung erreicht Zhu Yu mit seiner Aktion das exakte Gegenteil: Die Gefühle, seine Handlung moralisch verurteilen zu müssen, werden beim Betrachter der Dokumentation seiner Performance gerade geweckt. Die Ungeheuerlichkeit, die die pure, in keiner Weise ästhetisch inszenierte Konzeption seiner Arbeit beinhaltet, löst beim Betrachter eine direkte rationale Abwehr aus. Als der Künstler mir die Arbeit in einem Internetcafe in Pengshan im Jahr 2001 zeigt, fällt es mir schwer, die Tatsache zu glauben, dass es sich hierbei um einen echten Fötus handelt. Die Bilder lösen ein paradoxes Gefühl aus, das zwischen Ekel und Faszination für das Undenkbare liegt. Der empathische Focus liegt hier eindeutig bei dem ungeborenen Kind. Dies macht Zhu Yus Performance auch zu einem besonderen Fall. Er benutzt ein anderes Wesen, welches keine Zustimmung zu einer Beteiligung an der performativen Arbeit geben kann, um seine Aussage zu treffen.[7] Damit begibt er sich auf ein ethisch schwieriges Gebiet. Diese Tatsache unterstreicht jedoch zugleich auch noch einmal seine offensichtlich gewalttätige Haltung gegenüber dem Konzept der Moral.

In diesem Zusammenhang ist das neurologische Prinzip der Spiegelneuronen interessant. Hierbei handelt es sich um Zellen im Gehirn, die imstande sind, Handlungen eines Gegenübers in einer Form zu spiegeln, sodass die Wirkungen, seien es positive oder negative Gefühle, beim Betrachter empfunden werden können, als seien sie gerade selbst vorgenommen worden. Joachim Bauer beschreibt in seinem Buch „Warum ich fühle, was du fühlst“ wie besonders intensive, vorher nicht im Verhaltensprogramm abgespeicherte Handlungen anderer auf den Betrachter wirken:

 

„Handelt es sich bei einer beobachteten Aktion um ein Geschehen, das dem Beobachter bisher noch nie begegnet ist, zum Beispiel um eine Tat von bisher nicht erlebter Brutalität, dann wird sie als weiteres – potenzielles – Handlungsprogramm in den Bestand der handlungssteuernden Nervenzellen aufgenommen. Ihrer Art nach völlig ungewohnte, neu ins Leben getretene, dem betroffenen Menschen bisher nicht bekannte Handlungen werden sogar besonders intensiv abgespeichert: Eine Handlung, die wir zum ersten Mal wahrnehmen oder miterleben, sei es etwas Liebevolles oder etwas Fürchterliches, hinterlässt in uns besonders intensive Vorstellungen von ihr.“[8]

 

Ich sehe „Eating people“ aus eigener Erfahrung als eine Arbeit an, die diesen intensiven neurologischen Effekt auf Betrachter hat. Der Tabubruch des Kannibalismus in den ästhetisch reduziert gehaltenen Bildern hinterlässt einen tiefen Eindruck. Das Abseitige der Verspeisung eines ungeborenen Kindes hinterließ, nachdem die Bilder im Internet kursierten, ein weltweites Echo.[9] Dies ist sicher dem intensiven visuellen Eindruck von „Eating people“ geschuldet, der im Sinne Bauers der „bisher nicht erlebten Brutalität“ zuzuordnen ist. Da ich jedoch hier untersuchen möchte, ob es sich bei der Arbeit Zhu Yus um ein Statement handelt, welches sich, neben der Attacke gegen menschliche Moralvorstellungen, auch auf einer politischen Ebene interpretieren lässt, möchte ich über die neurologische Ebene hinausgehen.

Ich halte es für durchaus legitim, diese Arbeit als einen politischen Akt zu interpretieren, ohne jedoch die Mittel rechtfertigen zu wollen. Seit 1979 gilt in der Volksrepublik China die so genannte „Ein-Kind-Politik“, um das schnelle Bevölkerungswachstum einzudämmen. Eltern, die sich nicht daran hielten, wurden mit hohen Geldstrafen belegt. Andere Kritiker berichten gar von Zwangsabtreibungen und Sterilisation. Insbesondere unter der Landbevölkerung wurde die Regel zwar gelockert, falls das Erstgeborene ein Mädchen ist, doch gerade dies hatte zur Folge, dass weibliche Kinder nicht selten ausgesetzt oder gar getötet wurden und immer noch werden.[10] Meiner Ansicht nach kann Zhu Yus Arbeit durchaus in diesem Zusammenhang gelesen werden. Auch Meiling Cheng hält diese Interpretation für eine mögliche, schlüssige Sichtweise der grausamen Performance:

 

„The fetus on Zhu´s plate may be approached in many ways, though none covered by Zhu´s statement. A feminist reading may suggest that Zhu is critiquing China´s one-child-per-household policy, which has contributed to an exponential rise in abortions, both compulsory and voluntary, and to the widespread abandonment of female newborns. The state eats children, as Zhu´s metaphor literally depicts.”[11]

 

Diese Interpretation der Performance entlässt den Betrachter dennoch nicht ohne Zweifel. Die extreme Art, in welcher sich die Kunst Chinas, gerade in der Ausstellung „Fuck Off“, für welche auch „Eating people“ durchgeführt wurde, präsentiert, lässt auch die Überlegung zu, ob sich die Steigerung der Grausamkeit innerhalb der chinesischen Kunstpräsentationen[12] eventuell gegenseitig hochschaukelt und zu den extremen Auswüchsen führt, die mit dem Tabu des Kannibalismus in Zhu Yus Arbeit ihren vorläufigen Höhepunkt erreichen. Die Quelle, die Zhu Yu für das Material seiner Arbeit entdeckt hatte (die pathologische Abteilung eines Hospitals, die die Körperteile an die Künstler gegen Geld „auslieh“ und im Falle von „Eating people“ verkaufte), wurde auch von anderen Künstlern der „Fuck Off“- Ausstellung als Quelle für menschliche Körperteile genutzt. Cheng sieht darin eine sich ständig steigernde Form des gegenseitigen Kopierens in einer Art Wettlauf um Grausamkeit.[13]

Auch Aussagen, die Zhu Yu selbst zu der Arbeit in diesem Zusammenhang tätigte, lassen diese Überlegung zu:

 

„A human, isn’t it simply carbohydrate compounds? […] Now that something like (Eating people) has occurred in a civilized society, I will wait and see how the public criticizes this event.”[14]

 

Eine weitere, frühere Arbeit von Zhu Yu mit dem Titel „Skin Graft“ (im chinesischen Original „Zhi pi“) soll nun den Blick auf seine Performances abschließen. Im Jahr 2000 setzte er sich in dieser Performance/Installation mit dem Thema Hauttransplantation auseinander. In einer Operation unter Vollnarkose ließ der Künstler sich von einem Ärzteteam ein Stück gesunde Haut aus dem Bauchbereich entfernen. Anschließend nähte er dieses menschliche Gewebe auf eine verletzte Hautstelle eines geviertelten Schweinekadavers. Diesen wiederum platzierte Zhu Yu auf einem Krankenhausbett innerhalb der Ausstellung „Infatuation with injury“ (Central Academy of Art, Peking, April 2000). Über dem Bett war eine vergrößerte Fotografie der Operation an Zhu Yu zu sehen. Weiterhin wurde ein Video ausgestellt, welches den Künstler bei der Aktion zeigte, in welcher er die gesunde menschliche Haut auf den Körper des toten Schweins nähte. Zudem war der Performer in der Ausstellung anwesend, um dem Publikum, nach Anfrage, die Narbe der Operation zu zeigen. Die Show wurde jedoch drei Stunden nach ihrer Eröffnung von staatlichen Zensurbehörden geschlossen. In „Skin Graft“ nimmt Zhu Yu direkten Schmerz in Kauf. Die Wunde nach der Operation heilte relativ schlecht und hinterließ eine deutlich sichtbare Narbe an seinem Körper. Das zusätzliche Risiko einer Anästhesie wurde von Zhu Yu zwar durch die Wahl einer professionellen Betreuung durch Ärzte minimiert, ist aber dennoch ein nicht unerheblicher Teil dieser Arbeit. Es sollte sich bereits als Schwierigkeit erweisen, Ärzte zu finden, die bereit waren, den Eingriff bei dem Künstler vorzunehmen und ein gesundes Stück Haut zu entfernen, um es auf eine Oberfläche zu verpflanzen, die diese Haut weder in ihr biologisches System integrieren, noch in anderer Weise von dieser Operation profitieren konnte. Letztendlich musste Zhu Yu durch zwei offizielle Schreiben (ein Bestätigungsschreiben über seine Profession als Künstler und eine Befreiung des Hospitals von jeglichen rechtlichen oder finanziellen Verpflichtungen in Folge der Operation) und die Bezahlung der technischen Mittel (also der Durchführung der Operation) für seine Kunstaktion in einen Handel eintreten. Dieser Akt wiederholt in gewisser Form den symbolischen Austausch der Haut zwischen den zwei Spezies auf der säkularen Ebene im Kontakt mit der Institution Hospital. In dieser wortwörtlichen Verkörperung eines Handels sehe ich auch eine Kritik am rasanten Wandel der chinesischen Wirtschaftspolitik. Die immer schneller vonstatten gehende Veränderung der chinesischen Gesellschaft von einer sozialistischen Wirtschaftsform zum Kapitalismus ist in ihrer Radikalität und Geschwindigkeit kaum nachvollziehbar für ihre Mitglieder.

Der Brite Colin Chinnery, der viele Jahre in China lebte und für das britische “Arts council” arbeitet, sieht einen engen Zusammenhang zwischen dem ökonomischen und politischen Wandel und der Veränderung der Kunstszene. Als Revolutionäre, die sich gegen bestehende politische Kontrolle zur Wehr setzen mussten, hatten Künstler einen bedeutenden Einfluss auf die politischen Entwicklung, beispielsweise auf die Studentenbewegungen. Durch den Wandel der chinesischen Gesellschaft in Bezug auf eine Öffnung zum Kommerz, sieht Chinnery eine ähnliche Konformität der Gesellschaft realisiert wie zu Maos Regierungszeit. Diesmal sei allerdings das Streben nach einer kommerziellen Vereinheitlichung von Mode und Medien der Grund für die Konformität. Künstler hätten in dieser neuen chinesischen Gesellschaft nur noch marginale Bedeutung:

„In such an environment, artists and thinkers are impotent to affect society. They had become the irrelevant margins. Nobody listened to them or cared any longer. The government slowly let go of their grip on them, and allowed them to get on with their work in their own little spheres of influence.”[15]

 

Die Kraft, die die subversiven Aktionen chinesischer Künstler aufbringen mussten, um sich gegen politischen Druck zu wehren, ist nach Meinung Chinnerys nun nicht mehr notwendig. Doch an die Stelle der politischen Relevanz tritt ein neues Ziel, welches in einer Auseinandersetzung mit jener Konformität der neuen ökonomischen Freiheit erkannt wird. Bereits weiter oben habe ich auf die Überlegung hingewiesen, dass Zhu Yu sich durchaus dieser Bezüge bewusst ist. Der Künstler und Kurator Shu Yang sieht in “Eating people” den Höhepunkt eines Wettbewerbs unter chinesischen Künstlern, ihrer nunmehr marginalisierten Bedeutung durch immer extremere Aktionen neues Gehör zu verschaffen.

 

„Personally I think that the emergence of extreme performance works such as Zhu Yu´s Eating people and Offering (Diese Arbeit ist mir bekannt unter dem Namen “Sacrifice”, wie ich im weiteren Verlauf des Abschnitts deutlich machen werde. Einschub des Autors) signals the end of a phase in which Chinese performance artists competed with each other in the field of visual art.”[16]

 

Nach Meinung Shu Yangs führt die ökonomische Verwandlung dazu, dass sich der Wunsch nach künstlerischem Erfolg in immer schockierenderen Arbeiten mit immer extremeren Bildern niederschlägt und dadurch auch zu einem grundsätzlichen Missverständnis über die chinesischen Künstler führt. Mit „Sacrifice“ (Peking 2002) bringt Zhu Yu die Radikalität seiner Arbeit auf einen neuen Höhepunkt und schafft es auf bestürzende Weise, die Entwicklung des Kapitalismus in seiner Heimat zu thematisieren. In dieser Performance, der eine längere Planungs- und Projektphase vorausgeht, verfüttert Zhu Yu den Fötus seines abgetriebenen Kindes an einen Hund. Dokumentiert ist diese Aktion in einer Serie von Fotos, die hier abgebildet sind. Der Aktion ging eine längere Planungsphase voraus, in welcher Zhu Yu versuchte, eine Frau zu finden, die als Ko-Performerin bereit war, das Kind mit dem Künstler zu zeugen und sich etwa 2-3 Monaten nach der Empfängnis einer Abtreibung zu unterziehen. Zhu Yu hat die Verhandlungen mit Prostituierten mit versteckter Kamera gefilmt, während er versuchte, sie für seine Arbeit zu gewinnen. In den Gesprächen, die mir als Tondokument einer kanadischen Radiosendung von Eric Letourneau aus dem Jahr 2005 vorliegen[17], wird immer wieder deutlich, dass diese Arbeit von Zhu Yu auf mehreren Ebenen angelegt ist. Zum einen wird hier ein emotionaler Aspekt deutlich, der als äußerst schmerzhafte Auseinandersetzung mit Vaterschaft gelten kann. Im Gespräch mit Eric Letourneau sagt Zhu Yu, dass er diesen Aspekt ausblenden müsse, da ihm die Durchführung der Arbeit in ihrer Grausamkeit sonst unmöglich gewesen wäre. Ich gebe hier einen kurzen Teil des Interviews wieder, der deutlich machen soll, wie Zhu Yu sich in seiner Herangehensweise von der emotionalen Ebene zu distanzieren versucht:

 

“Eric Letourneau: Did you look at the foetus? What did you feel in this moment? I mean it was your own child? What happened?

Zhu Yu: This is very subtle to explain, a kind of complicated. It’s related to my status, to my identity I felt myself in. If I felt that I was the father, I would have felt very sad and felt that this was very cruel. It’s complicated because I was dealing with two different things on two different levels. Like on one level as a father I am facing a problem of the actual society and the ethical code of society. I am dealing with that. I was doing something that was going against the social morals. As an artist I was dealing with artistic concepts, art history and theory. I was facing two different things.

Eric Letourneau: So, you felt split?

Zhu Yu: Yes and it is complicated to describe my feelings because I was moving on two different levels. I was the father of this child and in the same moment I was an artist doing work. I was answering questions in a different way to different people. When somebody ordinary would ask me about this work, I would answer that I feel really bad about it but if I talk to artists about it, I talk to them in an artistic way! It’s a kind of scientific process. I do a kind of research and split up all parts separately and analyse it.”[18]

 

Wie in „Eating people“ setzt sich Zhu Yu in dieser Arbeit über moralische Grundprinzipien hinweg und schafft durch sein persönliches Dilemma, dass er im oben zitierten Interviewabschnitt deutlich macht, eine paradoxe Mischung aus Distanz und Empathie. Auf einer weiteren Ebene handelt es sich bei „Sacrifice“ um eine radikale Herangehensweise an den Schmerz eines Gegenübers. Angesichts der medizinischen und hygienischen Zustände in China ist eine Abtreibung ein lebensgefährliches Unterfangen. Die interviewten Prostituierten sind sich diesen Risikos bewusst und lehnen die Mitarbeit an Zhu Yus Projekt unter anderem aus Angst vor dem Schmerz ab.

 

“Prostitute: No, I do not want to give birth to a baby. I am afraid.

Zhu Yu: So, you do not want to? I give you money? I need a couple of month foetus. How much money?

Prostitute: I do not want to get pregnant. What a big suffer. I do not dare to give birth. I am afraid. I have seen them getting abortion. It is really suffering. I never got pregnant. And I really don’t know if I could give birth to a baby. (…) What do you want the kid for?

Zhu Yu: For my work. I need this for my piece. My own kid.”[19]

 

Am Ende kann Zhu Yu sein Projekt tatsächlich umsetzen. Der wirtschaftliche Druck, der auf den Prostituierten lastet, führt dazu, dass sich eine Befragte trotz emotionaler und moralischer Einwände auf das „Geschäft“ einlässt und das Kind mit Zhu Yu zeugt. Das Schmerzhafte dieser Arbeit lässt sich somit auf verschiedenen Ebenen verorten. Zum einen erleidet eine Person, die vom Künstler durch die Bezahlung objektiviert wird, den Schmerz einer Abtreibung. Zhu Yu lässt also eine andere, am Kunstprozess zunächst Unbeteiligte für sich leiden. Möglich wird dies durch die Zwänge des kapitalistischen Wirtschaftswandels, der den finanziellen Erfolgsdruck so stark erhöht, dass selbst das Gesundheitsrisiko einer eventuell tödlichen Abtreibung und ein psychischer Schmerz über den geplanten Verlust des eigenen Kindes in Kauf genommen wird. Zum anderen macht Zhu Yu im Interview deutlich, dass seine Vaterschaft auch ihn nicht unberührt lässt und der Begriff der Opferung, der im Titel „Sacrifice“ deutlich wird, eine Rolle im Konzept der Arbeit spielt. Hier ist auch ein religiöser Bezug zu erkennen, den Zhu Yu mit Sicherheit als zusätzliche Assoziationsebene reflektiert sehen möchte. Die Opferung des eigenen Kindes wird im Falle von Abraham und Isaak noch verhindert, findet jedoch im Kreuzestod Jesu eine konsequente Umsetzung im Neuen Testament. Durch die Verfütterung des Fötus an den Hund wird jedoch hier mit allem Sakralen gebrochen. Vielmehr kommt eine bewusste Herabsetzung des menschlichen Leibes ins Spiel, die eine weitere Moralverletzung darstellt und insbesondere auf der Bildebene schmerzhaft zu betrachten ist. Zudem tauchen auch erneut die Bezüge zur Ein-Kind-Politik Chinas auf. Abschließend lässt sich „Sacrifice“ als kaum noch zu überbietende Steigerung von Grausamkeit bezeichnen, wobei zudem Zhu Yus analytisches Denken in Bezug auf seine Performance eine besondere Paradoxie darstellt, die den Umgang und die Bewertung der Aktion erschweren.

 

 

11.2. Humanismus als Grenzüberschreitung - Yang Zhichao

 

 

Auch der chinesische Künstler Yang Zhichao setzt sich radikal mit seinem Körper auseinander. Seine Arbeiten verzichten jedoch auf die unfreiwillige Verwendung anderer Personen in den Performances und reduzieren die Schmerzerfahrungen somit auf das Individuum des Künstlers selbst. In seinen Arbeiten wird der Körper immer wieder geöffnet, um mit Dingen, die grundsätzlich körperfremd sind, in Verbindung und Kontakt gebracht zu werden. In der Arbeit „Hide“ (2002 in Peking) lässt sich der Performer einen Gegenstand in den rechten Oberschenkel implantieren, von dem er vorher nicht weiß, was es ist. Ausgewählt wurde der Gegenstand von seinem Kollaborateur Ai Weiwei.

In der Arbeit “Planting gras”[20] (gezeigt in Shanghai 2000) setzen bezahlte Mediziner ohne jegliche Betäubung zwei Pflanzen vom Ufer eines nahen Flusses in die linke Schulter des Performers. Hier geht es dem Performer um eine reale Erfahrung, die alles Laborhafte verliert. Die Wahrnehmung des Grases nimmt den Leib ganz ein und es kommt zu einer bio-psychischen Auseinandersetzung mit dem Fremdkörper in der Haut. Das, was vorher als alltägliche Erscheinung aus dem Bewusstsein ausgeklammert wurde (das sich im Wind wiegende Gras) wird zu einer konkreten Leiberfahrung (das im Körper verhaftete, spürbare Gras). Ähnlich wie Zhang Huan (später noch mehr zu seinen Arbeiten) oder Chris Burden, geht es Yang Zhichao hier um das tatsächliche Phänomen im Kontakt mit dem Gras. Die körperliche Erfahrung, den Schmerz eingeschlossen, liefert ihm das sensorische Wissen, welches nicht durch Theorie zu ersetzen oder zu erlangen ist. Durch diese „Untersuchung“[21] erfährt der Künstler, nach eigenen Aussagen, zusätzlich etwas über den eigenen Körper. Das Eindringen der Pflanzen in seinen Leib verändert die Wahrnehmung seines Blutkreislaufs oder der Oberfläche der Haut, die durch die Pflanzen durchbrochen wird. Für Yang Zhichao eröffnet dies zudem eine neue Sichtweise auf die Zerbrechlichkeit humaner Existenz. In dieser Aktion zeigt sich eine interessante Parallele zu Petr Stemberas Arbeit „Aufpfropfen“ (Grafting) aus dem Jahr 1975. Hier versuchte der Tscheche sich den Zweig eines Strauches in den Arm einzupflanzen.[22] Stembera beschäftigte sich in seinen performativen Arbeiten mit ähnlich existenzialistischen Grundprinzipien wie Yang Zhichao. „Aufpropfen“ ist ebenfalls als Alternative zu einer wissenschaftlichen Herangehensweise an ein Weltverständnis zu lesen. Hier geht es um das Experiment der Verbindung zwischen pflanzlichem und humanem Leben. Auf die Frage, ob seine Arbeit religiös geprägt sei, antwortet Stembera:

 

„No, I am without belief. Not only without religious belief, but without belief in science. That was the main reason I stopped my studies. Science is clear – but I’m not sure that everything is clear. The unconscious is studied by psychology without real success – and I think it is good that there is no success.”[23]

 

Ähnlich wie Yang Zhichao geht es Stembera um ein Gegenkonzept der Erfahrung, die sich nicht auf Theorien reduzieren lässt, sondern durch das Ablegen einer leiblichen Information im Individuum zu einem gesteigerten Körperwissen führen kann. Dies beinhaltet auch das Risiko einer Verletzung und schließt die Erfahrung von Schmerz ein. Der Künstler ist sich des Risikos bewusst und nimmt es als notwendige Begleiterscheinung für seine Erfahrung hin:

 

„The grafting gave me many problems. I kept the wood in all day, but my arm started to swell. By the evening, it was swollen enormously, and I had to go to the doctor – with an infection. It took two days for the swelling and redness to go away.”[24]

 

Ich halte die oben beschriebene Arbeit durchaus für vergleichbar mit der Performance des chinesischen Künstlers. Beiden geht es um eine sinnliche Erforschung im Kontakt mit einer körperfremden Substanz, die sie in einem bildhaften, performativen Verfahren auf schmerzvolle Weise durchführen. Wo Stembera sich eher in individueller Weise mit der Arbeit auseinandersetzt und eindeutig an der subjektiven Resonanz seiner Persönlichkeit interessiert ist, scheint Zhichao stärker an der symbolischen, sozialen Metapher in „Planting gras“ interessiert zu sein. Stembera und Zhichao teilen jedoch den Wunsch, ihre Arbeit möge sie zu einem tieferen „in der Welt sein“[25], also einer bewussteren Wahrnehmung der Existenz führen. In der Verbildlichung dieser existenzialistischen Vergewisserung beanspruchen die Künstler eine expressive Wirkung für ihre Handlungen, die als Suche nach Lösungen humaner Grundfragen in einer ständig inhumaner erscheinenden Welt gelten können. Beiden Künstlern geht es um den Ausdruck von Freiheit, sei es die persönliche Handlungsfreiheit eines Individuums oder die soziale und politische Freiheit einer Gesellschaft. Mit diesem Thema beschäftigt sich Zhichao insbesondere in der Arbeit “Irons”(Peking 2000). Hier lässt er sich seine Passnummer (ID) per Brandzeichen in den Körper einbrennen. Hier bezieht sich der Performer nach eigenen Aussagen auf eine historische Bestrafungsform. Im alten China wurde durch das Einbrennen eines Zeichens in die Haut Besitz vom Körper des Gezeichneten genommen. Sein „Wille und seine Freiheit“[26] wurden ihm als Preis für das begangene Verbrechen durch das Brandzeichen symbolisch entfernt. Der Performer benutzt nun die körperliche Peinigung im Zusammenhang mit seiner Passnummer als Modernisierung dieser Strafaktion und stellt damit aktuelle Fragen nach dem Freiheitsbegriff in der chinesischen Gesellschaft und nach dem Status des Individuums. Für ihn handelt es sich um eine beispielhafte Arbeit, die eine soziale Aussage von großer Reichweite trifft.

 

„I use this kind of "hard" natural work because its straightforwardness and the antagonism. The viewer is immediately compelled with the experience. We are going together through the compulsory feeling. The individual once again confirms here its own existence. It becomes the numerous people's experience, the carrier for the feelings of others. The people can not but accept a fact, since us is individual and simultaneously a part of the community. Individual experience is humanity's experience. When we question a person's status, humanity's status no longer will have its dignity. When a person is homeless, we are destitute and homeless.”[27]

 

Die konsequenteste Arbeit ist sicher “Jiayuguan“ (1999 in Jiayuguan), bei welcher Zhichao sich für einen Monat in ein psychiatrisches Krankenhaus einliefern ließ, um dort als Gesunder mit den anderen Insassen zu leben. Diese Dauerperformance wurde teilweise von Verwandten, die ihn regelmäßig besuchten, mit einer versteckten Kamera gefilmt und bietet äußerst seltene Einblicke in das psychiatrische Gesundheitswesen der chinesischen Gesellschaft.[28]

Der bereits mehrfach in dieser Arbeit erwähnte empathische Effekt, den das Publikum bei Schmerzperformances empfindet, erscheint hier als zentraler Ansatz des Performers, sich mit der chinesischen Gesellschaft als einer sozialen Gemeinschaft auseinanderzusetzen, in der der Wert des einzelnen Individuums in Frage gestellt ist. Die gewalttätige Niederschlagung der Studentenproteste auf dem Platz des Himmlischen Friedens im Juni 1989 wirkte sich gerade auch auf die chinesische Kunst und insbesondere auf die Performer Chinas aus.[29] Hier zeigte sich die politische Entschlossenheit eines Regimes, das bereit war, tausende Todesopfer in Kauf zu nehmen, um die Proteste innerhalb Pekings niederzuschlagen.[30]

In der Selbstverletzung vor Publikum ist, insbesondere im politischen Kontext, ein Wunsch nach der Identifikation mit einer unterdrückten Gemeinschaft zu erkennen. Indem sich Performer wie Zhichao selbst verletzen, treten sie in die Gemeinschaft derer ein, die der Unterdrückung oder Verletzung nicht entkommen können. Nelly Richard sieht darin eine Vereinigung von Künstler und leidender Gesellschaft und spricht bildlich von einer symbolisch geteilten Narbe:

 

„The threshold of pain enables the mutilated subject to enter areas of collective identification, sharing in one’s own flesh the same signs of social disadvantage as the other unfortunates. Voluntary pain simply legitimates one’s incorporation into the community of those who have been harmed in some way – as if the self-inflicted marks of chastisement in the artist’s body and the marks of suffering in the national body, as if pain and it’s subject could unite in the same scar.”[31]

 

Ich denke, dass dieses Faktum ein nicht zu leugnender Grund für die Radikalität der Performances in den Ländern ist, die unter stark repressiven Regimes oder extremer staatlicher Kontrolle und Gewalt zu leiden haben. Hier wird der eigene Körper zu einem Mittel der Identifikation mit der leidenden Gemeinschaft. Das Symbol der freiwillig zugefügten Wunde hat also mehrere Wirkungsrichtungen. Auf der einen Seite identifiziert sich der Künstler auf extreme Weise mit den Mitgliedern seines sozialen oder nationalen Umfelds und ist bereit, seine eigene Unversehrtheit in märtyrerhafter Weise zu riskieren, um in den inneren Kreis der „Gezeichneten“ zu gelangen. Erst durch die Legitimation der Wunde kann er sich als Mitglied der Leidenden fühlen. Aus diesem inneren Bereich heraus bekommt wiederum seine künstlerische Tätigkeit einen neuen Stellenwert. Als ein Leidender unter Leidenden steht ihm nun die Stimme des Anklagenden zu, um das Regime zu kritisieren. Neben der Wirkung auf das Künstlerindividuum hat die Selbstverletzung aus politischen Gründen aber auch eine Wirkung auf seine Umgebung. Die Radikalität der Kunstaktion lässt keinen Zweifel an der Ernsthaftigkeit der künstlerischen Aussage. Die Bereitschaft, eigenen Schmerz als Konsequenz für seine Handlungen in Kauf zu nehmen, macht seine Stimme sowohl für die nationale Gemeinschaft als auch für das kontrollierende Regime vernehmbarer. Wie bereits zu Beginn dieses Abschnitts in Bezug auf die Selbstverbrennungen erwähnt, können diese radikalen Attacken auf den eigenen Körper einen Symbolcharakter erhalten, der weit reichende Folgen hat. Ich gehe davon aus, dass viele der hier erwähnten Künstler diesen Ansatz in ihren Arbeiten verfolgen, sobald sie ihre körperliche Unversehrtheit riskieren.

Zhichao setzt sich in seinen Arbeiten mit seinem direkten Lebensumfeld auseinander, das nicht nur von restriktiver Macht der Regierung in Peking geprägt ist, sondern auch von den Auswirkungen eines rasanten Wirtschaftswachstums. Ich erwähnte bereits weiter oben, welchen Effekt die Veränderung des Systems für die Bevölkerung hat und wie seismographisch die Künstler auf diese Veränderung reagieren. Aus diesem Grund werden Themen wie die zunehmende Umweltverschmutzung durch die expandierende Industrie, zum Beispiel in Zhichaos Arbeit „Earth“ (Peking, 2004), thematisiert. Hier lässt sich der Performer, wieder ohne Betäubung, eine Kapsel mit Uferschlamm des Gelben Flusses in die Haut seines Bauches einnähen. Mit seinen Performances, die nicht etwa in Krankenhäusern, sondern im Umfeld von Festivals oder in Privathäusern durchgeführt werden, riskiert Zhichao wiederholt, an gefährlichen Infektionen zu erkranken. Zwar lässt er die Operationen von geschultem Personal mit herkömmlichen Schutzmaßnahmen wie Mundschutz und Schutzhandschuhen durchführen, eine sterile Umgebung ist jedoch in keinem Fall vorhanden. Dies ist insbesondere risikoreich, da die hygienischen Verhältnisse in China keinesfalls westlichem Standard entsprechen. Zhichao riskiert seine Gesundheit, um den Schleier zu lüften, der seiner Meinung nach den Blick auf die Lebensrealität verstellt. Die Verdrängung von Kontingenz erscheint dem Performer der falsche Weg, um mit der Zukunft umzugehen. Er wählt eine interessante sprachliche Metapher, um die Zufügung von Schmerzen in diesem Zusammenhang zu begründen:

 

“I don’t do this because I want to let the audience share my pain, but I want the process to be real and the person should come to understand that this demonstrates the life. Because I know, although the fresh flower is beautiful, the sunlight is beautiful, but life really tells us, if we want to gain these fresh flowers, possibly we must pay a lifetime price. But this point is exactly what we are not willing to touch. We cannot happily hide the real existence because of our desire to do so. Just like we hope there should be peace, we actually are unable to avoid the war. But the will to do so, is the best way to treat the future.”[32]

 

 

11.3. Poesie und Ekel – Zhang Huan

 

 

Einen ähnlichen Ansatz verfolgt auch Zhang Huan, ein weiterer Künstler aus Peking. In „12 Square metres“ (1994 im „East Village“ in Peking aufgeführt) beschmiert Zhang Huan seinen nackten Körper mit Honig und Fischöl und setzt sich in die Gemeinschaftstoilette seines Viertels, um die Fliegen von seinem Körper zu nähren. Die Arbeit bezieht sich auf die extremen Lebensumstände in diesem Stadtteil Pekings, in welchem Zhang Huan zu dieser Zeit lebte.[33] Die Performance dauert über eine Stunde. Bereits nach kurzer Zeit krabbeln dem Performer Fliegen in den Mund, die Nase und die Ohren.

 

“I just felt that everything began to vanish from my sight. Life seemed to be leaving me far in the distance. I had no concrete thought except that my mind was completely empty. I could only feel my body, more and more flies landing and crawling over my nose, eyes, lips, ears, forehead, every part of me. I could feel them eating the liquid on my body. Some were stuck but did not stop eating. I could even tell that they were more interested in the fish liquid than the honey because there were more flies on the left part of my body, where that liquid was. The very concept of life was then for me the simple experience of the body.”[34]

 

Zhang Huan versteht seinen nackten Körper, der in fast all seinen Performances das grundlegende Material ist, als „Sprache, die benutzt wird, um die tiefsten Gefühle des Selbst“ auszudrücken.[35] In seiner Arbeit steht der Leib damit als exemplarisches Material zwischen der Symbolisierung der sozialen und politischen Realität seines Lebensumfeldes und einer grundsätzlichen Verwundbarkeit der körperlichen Existenz. So erscheint mir der Begriff des „Scharniers“, den Bernhard Waldenfels in Bezug auf die Wahrnehmung der Leiblichkeit wählt, als treffender Vergleich für die Weise, wie Zhang Huan seinen Körper benutzt:

 

"So versteht sich die Formulierung von Merleau Ponty: das Körperschema ist ein Scharnier zwischen dem, wie ich "für mich", und dem, wie ich für Andere" bin. "Ich für mich" und "ich für andere" sind nicht extreme Formen, die eine Antithese bilden [...], sondern die Leiblichkeit, das Für-mich-sein, impliziert ein Für-die-anderen sein, denn ein seiendes Wesen ist zugleich ein Wesen, das gesehen wird. Der Blick der Anderen kommt nicht irgendwann zufällig hinzu, sondern Leiblich-sein heißt, Sichtbar-sein, Sehen heißt Sichtbar-sein, Tasten heißt Tastbar-sein, auch Verletzbarsein. Dieser Bezug zum Anderen ist immer mit da, selbst wenn er in der einzelnen Situation nicht eigens hervortritt."[36]

 

Diese Nutzung des Leibes als Mittel der Kommunikation zieht sich bei Zhang Huan durch sein gesamtes Werk. Zu Beginn der performativen Arbeit blieb dem Künstler, sowohl aus finanziellen Gründen als auch aus pragmatischer Sicht, keine andere Möglichkeit, als dieses verfügbare unmittelbare Werkzeug für seine Kunst einzusetzen.[37] Huan, der sich in vielen seiner Arbeiten auf ein buddhistisch geprägtes Weltbild bezieht, nutzt seine spirituellen Erfahrungen, um sich physisch auf seine extremen Arbeiten vorzubereiten. Er ist imstande, das Werkzeug Körper in einer Weise zu benutzen, die durch eine Reihe von Übungen und Meditationstechniken geschult ist:

 

„Tatsächlich komme ich aus einer der Hochburgen des Buddhismus und mein größter geistiger Einfluss kam vom tibetischen Buddhismus. […] Ich bringe meinen Körper bevorzugt in eine physische Verfassung, mit der gewöhnliche Menschen keine Erfahrung haben. Nur in dieser Verfassung bin ich fähig, die Beziehung zwischen Körper und Geist zu erfahren.“[38]

 

Anders als im Christentum dient die asketische Selbstquälung im Buddhismus einer Steigerung geistiger Erkenntniskraft. Gautama Buddha durchlief verschiedene Rituale der körperlichen Qual, um sich letztendlich vom Leib zu befreien und zu spiritueller Erleuchtung zu gelangen. In Zhang Huans Arbeiten scheint es eine Verbindung zu diesen religiösen Prinzipien zu geben, wie seine oben erwähnte Aussage verdeutlicht. In der Beschäftigung mit seiner alltäglichen Umwelt und der Schaffung existenzieller Bildwelten, die direkt mit dieser Umwelt korrespondieren, lädt sich der Künstler körperliche Qualen auf, um im Durchleben dieser Situationen eine höhere geistige Ebene zu erlangen und gleichzeitig eine Botschaft an die Betrachter seiner Aktionen zu vermitteln.

Der chinesische Begriff für Performance Art ist „Xingwei Yishu“[39], was wörtlich übersetzt „Behavioural Art“ (also Verhaltenskunst) bedeutet. Diese Namensgebung lässt einen moralischen Hintergrund in der Variante der chinesischen Body Art vermuten. Wie bereits weiter oben beschrieben, hängen die politischen und sozialen Beweggründe für die Verwendung der Aktionskunst als Ausdrucksmittel in repressiven Gesellschaften stärker mit ihrem symbolischen und damit auch moralischen Anspruch zusammen. Zhang Huans erste öffentliche Performance mit dem Titel „Angel“ von 1993 weist zudem noch interessante Parallelen zu der weiter oben beschriebenen Arbeit von Zhu Yu auf. Auf Einladung der Nationalen Kunstgalerie in Peking sollte Zhang Huan an einer Gemäldeausstellung teilnehmen und entschied sich, trotz offiziellen Verbots, kurz vor der Eröffnung der Ausstellung zu einer Performance vor dem Gebäude.

 

„Dazu stellte er sich auf ein weißes Laken und begoss sich mit dem Inhalt eines Glases, das er zuvor mit einer blutfarbenen Flüssigkeit gefüllt hatte, die wiederum Teile von Kinderpuppen enthielt. Die Teile, die auf das Laken fielen, setzte er anschließend wieder zu einem neuen „Baby“ zusammen, um es im Ausstellungsraum als „Gemälde“ zu platzieren.“ [40]

 

Zwar handelte es sich bei der hier beschriebenen Performance nicht um die Zufügung von Schmerz, doch im Zusammenhang mit der symbolischen Aussagekraft der zugegeben ästhetisch simplen Arbeit und der drohenden Staatsmacht, die den Künstler danach tatsächlich zu einer Geldstrafe und einer öffentlichen Selbstkritik verurteilte, erscheint diese Arbeit als symptomatisch für die Verwendung von politischer Kritik in performativen Bildern. Zhang Huan bezog sich hier direkt auf die Erlebnisse, die er selbst im Zusammenhang mit den repressiven Maßnahmen der Ein-Kind-Politik in seinem sozialen Umfeld gemacht hatte:

 

„You could not keep your child when your girlfriend was pregnant…Girls of my generation have to go through many abortions; some have done it twice or three times, some five or six times. Many unborn babies died. This is the situation of the nineties.”[41]

 

Schon in dieser frühen Arbeit zeigte sich der Anspruch Huans, die Gewalt, die dem Körper in einer repressiven Gesellschaft angetan wird, in Bilder zu übersetzen. Zwar geschieht dies in dieser frühen Arbeit noch mit einem deutlichen Hang zur Theatralik, der aber eventuell auch der Unerfahrenheit des Künstlers geschuldet werden muss. Im Gegensatz dazu sind seine späteren Performances nicht spekulativ, sondern generell von großer Ruhe geprägt. In „12 Square metres“ erinnert seine Sitzhaltung sowohl an Darstellungen meditierender Mönche als auch an skulpturale Vorbilder westlicher Kunstproduktion, in denen die Suche nach geistiger Einsicht demonstriert werden soll. In krassem Gegensatz zur hygienischen Situation und der quälenden Dauer der Arbeit strahlen die Fotodokumente eine statuarische Schönheit aus, deren symbolischer und kritischer Inhalt sich erst aus dem Kontext des Ortes und der Lebenssituation des Künstlers erschließen.

In späteren Performances steigert Zhang Huan die Gewalt, die er auf seinen eigenen Körper wirken lässt, wählt aber gleichzeitig weniger klare, eher poetische Ausdrucksformen. In der Arbeit „65 KG“[42] (1994 im “East Village” in Peking gezeigt) lässt sich der Performer nackt in Ketten an die Decke seines Studios hängen. Sein Mund ist mit schwarzem Klebeband verschlossen. Unter ihm befinden sich weiße Matratzen und eine Herdplatte, auf welcher ein Aluminiumtablett erhitzt wird. Zhang Huan lässt sich nun einen Venenkatheder setzen und 250 ml seines Blutes von der Decke auf das Tablett tropfen, wo es verdampft. Der Raum füllt sich mit dem starken Geruch von Blut und Schweiß. Auf einer symbolischen Ebene wird hier der „ausblutende“ Leib des Einzelnen zur Schau gestellt, dessen Verkettung mit einem als restriktiv empfundenen Gesellschaftssystem zur tatsächlichen leiblichen Verletzung führt. Auch in dieser Arbeit setzt er seinen Körper direkt einer Interaktion mit dem Umfeld aus, in welchem er lebt. Der Geruch seiner Körperflüssigkeit, die durch die freiwillig zugefügte Wunde tropft, tritt in dialogischen Kontakt mit dem Publikum, welches der persönlichen Grenzerfahrung Zhang Huans als Zeuge und Teilnehmer ausgesetzt ist. Für den Künstler ist der Dialog mit dem Publikum, neben der Erkenntnis, die er selbst aus den Arbeiten zieht, ein wichtiger Aspekt:

 

„Meiner Ansicht nach kann niemand dieser Grausamkeit entkommen, weder ich noch das Publikum. Sobald die Zuschauer den Schauplatz der Performance betreten, werden sie in die mit ihnen konfrontierte Wirklichkeit miteinbezogen. Es gibt für sie keine Fluchtmöglichkeit, so wie sie auch der Wirklichkeit nicht entfliehen können.“[43]

 

Noch einmal wird hier, wie auch schon in den Arbeiten Yang Zhichaos und Zhu Yus deutlich, dass es den Performern um eine Vermittlung von existenziellen Fragen in Bildern geht, die einen Gleichnischarakter beanspruchen. Die Grausamkeit, die Zhang Huan mit der Wirklichkeit gleichsetzt, resultiert in seiner Wahrnehmung aus den wirtschaftlichen und sozialen Lebensumständen, denen sich die neue chinesische Gesellschaft ausgesetzt sieht. Zhang Huan benutzt seinen Körper als Mittel der Resonanz, um sein individuelles Leiden exemplarisch werden zu lassen und damit in einen Dialog mit der Lebensgemeinschaft zu treten, die ihn umgibt. Für Zhang Huan wird die Möglichkeit der Trennung von Körper und Geist durch extreme Gefühle wie Schmerz erst möglich. Er sieht in der Überwindung des Körpers, ganz in buddhistischer Tradition, eine spirituelle Erkenntniskraft, die dem Individuum eine Form von überlegener Weisheit ermöglicht. Diese lässt ihn wiederum die gegebenen Lebensumstände akzeptieren.

 

“In performance, I try to let my mind leave my body and forget the surrounding conditions. At that moment, I cannot feel any pain. Yet, the mind cannot really leave the body. Instead, it keeps going back to the body. And when the mind returns to the body, there comes an ever stronger feeling of the body's real situation. It makes you more conscious of the cruelty of the reality and makes you feel more uncomfortable. But it is not the physical pain in the physical body, but rather the spiritual uneasiness. The shift between the mind and the body is what I prefer to experience. In the process of performance, I sometimes have a strong sense of hallucination.”[44]

 

In jüngeren Arbeiten, nachdem Zhang Huan China verlassen hat, setzt sich der Künstler stärker mit der Bedeutung von nationaler Identität auseinander. In Bezug auf Schmerz als Bild ist hier die Arbeit „Pilgrimage – Wind and water in New York“ von 1998 (P.S.1, New York) interessant. In der Performance liegt Zhang Huan auf einem traditionellen chinesischen Bett. Anstelle von Matratzen befinden sich Eisblöcke, auf denen der Performer bäuchlings und nackt liegt. Neun Hunde sind am Bett angeleint. Huan verbleibt für etwa 10 Minuten auf dem Bett, in der Annahme, seine Körperwärme würde das Eis zum Schmelzen bringen. Dies geschah jedoch nicht. Vielmehr begann seine Körpertemperatur dramatisch zu sinken. Daraufhin brach er die Performance nach einiger Zeit ab.

Für Zhang Huan repräsentierte diese Arbeit, kurz nach seiner Ankunft in New York, seine „Furcht“ vor der Stadt.[45] Die kulturelle Differenz, die er in seiner neuen Heimat erlebte, wurde durch die Hunde symbolisiert. Für Huan, der in China eine völlig andere Umgangsweise mit Tieren gewohnt war, standen die Hunde für eine absurde Anteilnahme, die er im Umgang der New Yorker mit ihren Haustieren feststellte. Im Gegensatz dazu wählte er das Eis als Metapher für eine gewisse Kälte, die er im Umgang mit seiner ethnischen Differenz erlebte. Er bezeichnet seine Ankunft in New York als „cultural shock“, den er, gleich dem Eis in seiner Performance, durch seine Aktion quasi exorzistisch überwinden möchte.[46] In dieser Arbeit riskiert der Künstler sein Leben. Durch die extreme Absenkung seiner Körpertemperatur hätte es im schlimmsten Fall zu einem Herzinfarkt kommen können. Bereits in dieser Arbeit lässt sich ein Wandel in den Konzepten des Künstlers ablesen. Die masochistischen Grundtendenzen, die seine Arbeiten in China auszeichnen, weichen einer stärker theatralisch inszenierten Untersuchung von interkultureller Themenstellung. Dies hängt sicher mit dem Verlust der Existenzangst zusammen, die den Künstler angesichts der repressiven Politik in China bedrängte.

 

 

 

 

 

11.4. Leiden als Krisenlösung – Yoyo Yogasmana

 

 

Bevor ich mich im abschließenden Teil dieses Kapitels mit der Arbeit einiger osteuropäischer Künstler beschäftige, möchte ich hier noch auf den Performer Yoyo Yogasmana zu sprechen kommen, der eine besondere Form des Umgangs mit sozialen oder besser grundsätzlich humanen Fragen gefunden hat. Yogasmana stammt aus Bandung in Indonesien. In seiner Performance-Serie „Crisis“ (unter anderem in Japan 2001, in Taiwan 2002 und in Jakarta 2002 gezeigt) lässt sich der Künstler vom Publikum in ein kompliziertes Geflecht aus Seilen binden. Diese werden am gesamten Körper des Künstlers verknotet, so dass er sich in völliger Abhängigkeit von seinem Publikum befindet. Die Teilnehmer haben nun die Möglichkeit, den Künstler durch Ziehen oder Lockern der Seile in seiner Bewegungsmöglichkeit zu kontrollieren. Durch die Kraft, die auf den Künstler ausgeübt wird, ist es nahezu unmöglich, ihm keine schmerzhaften Blutergüsse zuzufügen oder ihn sogar zu würgen. Je nach Intensität der Aktionen des teilnehmenden Publikums fallen die Verletzungen des Performers aus. Unterstützend setzt Yogasmana traditionelle Kleidung und Musik ein, um dadurch ein interkulturelles, multidynamisches Feld und einen Rhythmus zu erschaffen, der den Verlauf der Arbeit beeinflusst. Seiner Meinung nach ist es möglich, die Art und Weise, wie die Betrachter die Seile bedienen, durch Musik zu verändern. Er begibt sich nunmehr als „passiver körperlicher Knoten“[47] in die Mitte der Betrachter/ Teilnehmer und beginnt mit einer ersten Bewegung, die allerdings aufgrund der Verknüpfung mit den Seilen innerhalb des Publikums sofortige Gegenbewegungen nach sich zieht.

 

„The more ropes, the more participants, the better. The participants’ ends are distributed into multi directions, and the pattern of our relationship is: action and reaction. I would like to become the first to offer the action although there will come a time for me to depend on the participants agreement when they pull the ropes to many directions meaning I will become the passive bodily knot whose movements absolutely depend on the participants directive pulls.”[48]

 

Diese Performance unterscheidet sich in höchstem Maße von den bisher beschriebenen Arbeiten in dieser Untersuchung. Der Performer setzt sich hier einer äußeren Macht aus, namentlich der Gewaltbereitschaft der Betrachter, die hier der Rolle als Teilnehmer nicht entgehen können. Damit gelingt es Yogasmana, dem Publikum eine Verantwortung zu übertragen, die sich nicht in Passivität erschöpft, sondern aktiv zu handhaben ist. Dadurch entwirft der indonesische Künstler den hochkomplexen Spiegel eines Gesellschaftsbildes, in welchem Abhängigkeitsverhältnisse mit all ihren „schmerzhaften“ Folgen zu einem ästhetisch zwingenden Bildkonzept verarbeitet werden. Interessant ist hierbei, dass Yogasmana die krisenhafte Situation herstellt, unter welcher er leiden muss. Hierdurch strebt er einen pädagogischen Effekt beim Publikum an, um nicht den Folgen seiner Performance zu erliegen. Die Gefahr einer Strangulierung durch das Publikum ist ständig präsent.[49] Deshalb muss sich der Performer über die Beschaffenheit und Zusammensetzung seiner Teilnehmer klar sein, um das Risiko so gering wie möglich zu halten.

Für Yogasmana spiegelt die Titelwahl mit dem Begriff der Krise die gesamte Situation des Menschen in der postmodernen Gesellschaft wieder. Insbesondere umfasst er jedoch die sozialen Lebensumstände in Indonesien.

 

„I have one big title in my performance, Crisis. It is a representation about my life, my family life, my neighbours’ life, my city’s life, also my country’s life. I can say, now we are in Crisis, crisis is an emergency. We have social crisis, economical crisis, and political crisis. That is all like a circle. […] It looks like they are bound to each other, they are tide to each other and I think if we don’t have to find how to solve this problem we will die. It’s about my country. […] Now, my performances are to be trial performances, to find out how deep the human heart is. The result from my performance is to be an experience for me and everybody.”[50]

 

Die indonesische Gesellschaft litt für viele Jahre unter dem Regime Suhartos, der von 1967 bis 1998 diktatorisch über das Land herrschte und ein korruptes System aufbaute, welches die eigene Familie bereicherte. Suharto und seine Familie kontrollierten mehr als die Hälfte der indonesischen Volkswirtschaft. Zwar gelang es dem Führer, das Land während seiner Amtszeit zu einem erfolgreichen Schwellenland aufzubauen, doch insbesondere Studenten, Künstler und andere Intellektuelle hatten unter seinem autoritären Führungsstil zu leiden. Nach der Wirtschaftskrise in Südostasien ging es dem Land immer schlechter und dies blieb nicht ohne Wirkung auf die humanen Werte in der indonesischen Gesellschaft. Yoyo Yogasmana sieht den geringen Wert eines Menschenlebens in der ihn umgebenden Gesellschaft als symptomatisch für die Situation in seinem Heimatland an. Daraus resultiert, seiner Meinung nach, die Unmöglichkeit, seine komplexe Arbeit weiterhin in seinem Land zu zeigen:

 

„Can you imagine if somebody can kill other people because of money like a hundred rupiahs (the same as 0, 08 cent US) or a piece of small candy? Somebody will kill his friend because of his words or another man can kill somebody because he looked at him? What do you think is this? […] I mean here people always think about how to make their life but mostly forgot how to be human.”[51]

 

Für Yogasmana sind seine Performances eine Untersuchung der Beziehungen zwischen Menschen. Seine Erfahrungen mit der inhumanen Gewalt in seinem Heimatland, sei es aus ethnischen, sozialen oder politischen Gründen, spiegelt sich in der Hoffnung wieder, in seinen Performances eine Sensibilität für die direkte Wirkung von Aggression beim teilnehmenden Publikum zu erzeugen.

Hierbei spielen erneut die Spiegelneuronen eine Rolle. Es ist, dank der neuronalen Organisation unseres Gehirns nicht nur möglich, den Schmerz anderer durch das Beobachten nachzuempfinden, sondern es genügt bereits die Erwartung, dass einem Gegenüber im nächsten Moment Schmerz zugefügt werden könnte, um die Resonanzreaktion im eigenen Schmerzgefühl auszulösen.[52] In der Organisation von Yogasmanas Crisis- oder Trial-Performances bedeutet dies, dass er mit einem vorausahnenden Mitgefühl bei den Teilnehmern rechnet, um größere Verletzungen bei sich selbst durch die Sensibilität des Publikums zu verhindern. Nach eigener Aussage haben seine Performances zu Beginn eine gewisse Schönheit, die sich aber im Verlauf der Arbeit ändert. Oftmals bedauere das Publikum hinterher die Teilnahme an der Aktion. Der Künstler ist sich jedoch klar, dass er ein Risiko eingeht. Ihm ist es wichtig, zu zeigen, dass die Verletzung eines Gegenübers in der Natur des Menschen liegt:

 

„ […] my performance is to be a trial performance, to find out how deep the human heart is. The result from my performances should be experienced by me and everybody. […] Some of my performances look beautiful, but only for the beginning. The audience is often sorry after it is finished. I believe that everybody has the talent to make (or even to organize) somebody hurt. Also, I don’t like somebody to hurt me. I’m not sadomasochistic but I have to show my performance like this, because I have the mission to talk about my country and its situation and give an experience for all human being.”[53]

 

Meiner Meinung nach schafft der indonesische Künstler damit ein beispielhaftes Bild für den ganz konkreten Schmerz, den er in der Organisation der Gesellschaft seines Heimatlandes erlebt. Für die hier vorliegende Untersuchung ist seine Arbeit deshalb von größter Wichtigkeit. Zum einen unterstützt sie die These, dass die empathische Wirkung eines performativen Bildes von großer - sowohl neurologischer, als auch intellektueller - Intensität ist. Die Bezüge zur Spiegelzellen-Theorie sind in Yogasmanas Arbeit deutlich festzustellen. Zum anderen ist hier die Rolle eines Publikums, welches in einer Art Ko-Präsenz entscheidenden Einfluss auf die Botschaft und den Verlauf der Performance nimmt, besonders augenfällig. Die Crisis-Performances fordern das Publikum zu einer Standortbestimmung heraus: Ist es bereit, den Performer in gefährlicher Weise zu verletzen oder gelingt es den Anwesenden, durch gezielte Organisation der Seil-Enden den Performer vor größeren Schmerzen zu bewahren.

Ich bin davon überzeugt, dass die Teilnahme an einer Performance Yogasmanas eine immense Wirkung auf die Anwesenden hat, da sich ihre Handlungen direkt auf ihr Gegenüber auswirken und keinerlei Abstraktion vonstatten geht. Die Übertragung der intellektuellen Botschaft, die Yogasmana in seinen Statements formuliert, mag nicht jedem Teilnehmer bewusst sein, die emotionale Anteilnahme ist meiner Meinung nach jedoch garantiert. Dies kann selbstverständlich, wie der Künstler selbst angab, in manchen Fällen auch zu sadistischem Handeln führen. Dieses Risiko ist in dieser Arbeit grundsätzlich gegeben, da die Kontrolle an das Publikum übertragen wird.

Damit ähnelt diese Arbeit auch Abramovics „Rhythm 0“, bei welcher das Publikum die Möglichkeit hatte, verschiedene Gegenstände auf die Künstlerin anzuwenden. Abramovic übernahm hier, ebenso wie Yogasmana, die Verantwortung für das Geschehen und vertraute auf die Humanität ihres Publikums. Auch hier wurde die Künstlerin in äußerst schwere Bedrängungen verwickelt, da die Betrachter sie unter anderem mit Messern verletzten und ihr gar eine geladene Pistole in die Hand drückten, um den Lauf auf ihren Kopf zu richten.

Arbeiten wie die Crisis-Performances von Yoyo Yogasmana sind imstande, nicht nur Schmerz zu kommunizieren, sondern auch Aussagen über die Beschaffenheit des teilnehmenden Publikums zu treffen, die damit auch einen sozialen und politischen Kommentar beinhalten.

 

 



[1] vgl.: Röttger, Maike: Flammender Protest – Warum?, erschienen im Hamburger Abendblatt, 12.Juli 2003, Quelle: http://www.abendblatt.de/daten/2003/07/12/185493.html, Stand: 8.11.2005

[2] Cheng, Meiling: Violent Capital. Zhu Yu on file, in: The Drama Review 49, 3 (T 187), Fall 2005, S. 58

[3] Als besondere Note ist noch zu vermerken, dass die Handlung, die Zhu Yu für diese Ausstellung in Fotos dokumentiert hat, auf der Ausstellung selbst nicht zu sehen war. Da die Kuratoren eine Schließung der Ausstellung fürchteten, wurde Zhu Yus Arbeit in einer schwarzen Box in der Ausstellung präsentiert. Tatsächlich wurden andere Elemente aus Zensurgründen von einer staatlichen Behörde entfernt. Lediglich im Katalog war „Eating people“ nach der Ausstellung zu sehen. Quelle: Cheng, Meiling , ebd., S. 61

[4] Cheng, Meiling: „In the same interview, however, the artist admitted that he threw up twice during the process of performing Eating people. He also stayed away from his home studio afterwards for fear of recalling the experience.”, ebd., S. 71

[5] ebd.

[6] Yu, Zhu, in: Cheng, Meiling, ebd., S. 66

[7] Auch Meiling Cheng führt diesen Gedanken im Zusammenhang mit der Macht an, die Zhu Yu für sich in der Verwendung des Fötus beansprucht: „Without discursively reflecting on the fact that he has turned a dead fetus into a materialist symbol, Zhu fails to consider the power differential between himself, an adult subject with the right to choose his action, and the dead fetus, who or which has no right to refuse service to an art project.“, ebd., S. 72

[8] Bauer, Joachim: Warum ich fühle, was du fühlst. Intuitive Kommunikation und das Geheimnis der Spiegelneurone, (5.Auflage), Hamburg: Hoffmann und Campe Verlag 2005, S. 36/37

[9] Unter anderem findet sich der Artikel: „Baby eating artist sparks TV row“ vom 30. Dezember 2002 unter http://news.bbc.co.uk/1/hi/entertainment/tv_and_radio/2614643.stm; Außerdem „Baby eating photos are part of Chinese artist´s performance“ vom 23. März 2001 unter: http://news.bbc.co.uk/1/hi/entertainment/tv_and_radio/2614643.stm

[10] Am 15.02.2001 erschien im Stern eine Fotoserie, die ein totes, weibliches Baby am Straßenrand einer Stadt in der Yunnan Provinz zeigt. Eine Großzahl der Passanten geht gleichgültig an dem nicht zu übersehenden Leichnam vorüber. Erst durch die ausländischen Fotografen, die das Geschehen dokumentieren, werden Passanten zu einer Reaktion genötigt und entfernen den Körper.

[11] Cheng, Meiling, a.a.O., S. 71

[12] vgl. Cheng: „So the logic goes: the more violent the actions, the more intense the images, the more competitive and successful in gaining media attention the creators become. The opportunities for virtual display of their artworks increase accordingly.” ebd., S. 60.

Ein Beispiel für die extremen Arbeiten ist die Installation „Siamese twins“ von Peng Yu und Sun Yuan. Hier ließen sich die beiden Künstler von einer Krankenschwester Blut aus den Armvenen entnehmen, welches durch einen Schlauch in die Münder der Leichname von siamesischen Zwillingen tropfte, die die Künstler vor sich platziert hatten. Zu sehen in der Ausstellung „Open Studio“ am „Beijing Sculpture Institute im Jahr 2000, Quelle: www.chinese-art.com/artists/openstudio.htm. Stand: 24.08.2003 (Die Seite existiert nicht mehr.)

[13] vgl. Cheng, ebd., S. 71

[14] Yu, Zhu, in: ebd., S. 71

[15] Chinnery, Colin: Politics and culture. The special landscape of Beijing, in: Brine, Daniel/ Yang, Shu (Hrsg.): China Live. Reflections on Contemporary Performance Art, London: Chinese Arts Centre 2005, S. 14

[16] Yang, Shu: Why do „live art“ in China?, in ebd., S. 24

[17] Die Quellenangaben für die Radiosendung sind: Eric Létourneau: Conversation between Éric Letorneau and Zhu Yu, director: Éric Letourneau. Translator: Francesca Jordan and Cui Yang, Date of Interview: 09.2003, Producer and Copyright: Systéme Minuit de Québec, Montreal, Canada 2005

 

[18] ebd.

[19] ebd.

[20] Beschreibung aus einer E-mail des Künstlers, 30.01.2005: „Planting gras: Location: Shanghai. Time: November 5, 2000. Duration: 45 minutes. Explanation: At 10:00 A.M. on November 5, 2000,second floor of No.1133, Suzhou Road, Shanghai where “Fuck off” was on show, I made an operation Platform with 2000×800×780mm, an operational scalpel was incised into my left scapula by a surgeon. Without any anesthesia, the scalpel made two cuts with 1 centimeter deep and 1 centimeter wide. Afterwards, grass picked at the banks of Suzhou River was planted into the two cuts.”

[21] Zhichao, Yang in einem Interview, das ich per E-mail mit ihm geführt habe. E-mail vom 16.10.2005

[22] „With the assistance of my friend I grafted into my arm a twig of a shrub as was usual in fruit-growing“, Stembera, Petr, in: PetrStembera. Interview by Jim Moisan, aus: High performance, Volume 1/Number 4, Dec.1978, S. 23

[23] Stembera, ebd., S. 20

[24] Stembera, ebd., S. 21

[25] Stembera, ebd., S. 21

[26] Aus einer E-mail von Yang Zhichao vom 16.11.2005

[27] Zhichao, Yang in einem Interview, das ich per E-mail mit ihm geführt habe. E-mail vom 16.10.2005

[28] Alle Informationen basieren auf Material, welches der Künstler mir persönlich zugesandt hat. E-mail vom 30.01.2005, ohne weitere bibliographische Angaben.

[29] Der Künstler Sheng Qui hackte sich aus Protest 1989 den kleinen Finger der linken Hand ab. Dies galt für ihn als politischer Protest, um etwas im Land zu lassen, bevor er ins Exil musste. Später arbeitete er performativ mit seiner Selbstverletzung, indem er in der Fotoserie „Memories“ von 2000 Erinnerungsfotos aus seiner Heimat mit seiner versehrten Hand in die Kamera hält. Quelle: Danicke, Sandra: Atmen gegen Zement, in: Frankfurter Rundschau, Nr.152 vom 3.Juli 2004, S. 15

[30] vgl. u.a.: Nathan, Andrew J. und Link, Perry: Die Tiananmen-Akte. Die Geheimdokumente der chinesischen Führung zum Massaker am Platz des Himmlischen Friedens. München/Berlin: Propyläen Verlag 2001.

[31] Richard, Nelly: The rhetoric of the body, in: Jones, Amelia/Warr, Tracey: The artist´s body, (Reprint 2002) London: Phaidon Press Limited 2002, S. 245

[32] Zhichao, Yang, in einem Interview, per E-mail geführt. E-mail vom 16.11.2005

[33] Huan, Zhang, in einem Interview mit Val Wang, Quelle: www.cinese-art.com/artists/Zhang%Huan/Zhang Huan.htm, Stand: 19.07.2003 (Die Seite existiert nicht mehr.): “The East Village surroundings comprised a garbage dump, a waste recycling outlet, a smelly ditch, dog shit and a public toilet that no one ever cleaned. Inhabitants: Itinerant workers, fruit and vegetable vendors, garbage scavengers, tofu makers, dogs and cops, along with a few un-employed artists living there illegally. […] Beijing for the most part is surrounded on all four sides by large garbage dumps. East Village was located right in the middle of one of those garbage dumps, in between the third and fourth ring road. (…) The residents of the East Village were like the garbage from the city thrown or discarded to the margins of the city.

[34] Huan, Zhang, in: Zhijian, Qian: Performing bodies. Zhang Huan, Ma Liuming, and performance art in China,

Art Journal, Summer 1999, Vol. 58, No. 2, S. 60-81

[35] vgl. Berghuis, Thomas: An other point of view. Flesh art: Performance and body art in Post-Mao China, in: Chinese-art.com-Contemporary Magazine, Issue 4/5, 2001 Quelle: www.chinese-art.com/ contemporary/volumefourissue5/flesh.htm, Stand: 02.September 2003 (Die Seite existiert nicht mehr.)

[36] Waldenfels, Bernard: Das leibliche Selbst. Vorlesungen zur Phänomenologie des Leibes, Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag 2000, S. 122

[37] Neben der ständigen Beobachtung seitens der Staatsmacht, waren auch materielle Gründe für die Verwendung der ephemeren Kunstform verantwortlich. Oftmals befanden sich die Künstler auf der Flucht vor offizieller Entdeckung und mussten ihre Arbeiten in Privatwohnungen oder an geheimen Orten inszenieren. Gerade nach den Zwischenfällen des 4. Juni 1989 auf dem Tiananmen-Platz, galt Performance als mögliche Quelle radikaler Äußerungen gegen das bestehende politische System und wurde deshalb unterdrückt.

[38] Huan, Zhang, zitiert nach: Golinski, Hans Günter: Der Körper als interkulturelles Medium der Kommunikation. Zum spirituellen Hintergrund der Kunst von Zhang Huan, in: Dziewior, Yilmaz (Hrsg.): Zhang Huan, Ostfildern-Ruit: Hatje Cantz 2003, S. 32

[39] ebd.

[40] Beschreibung nach Kim, Yeon Yu: Intensivierte Körperlichkeit, in: ebd., S. 23

[41] Huan, Zhang, zitiert nach: Dziewior, Yilmaz: Seeds of Hamburg, in: ebd., S. 14

[42] Der Titel bezieht sich auf das tatsächliche Körpergewicht des Künstlers.

[43] Huan, Zhang, in: Kim, Yu Yeon, a.a.O., S. 25

[44] Huan, Zhang, in: Zhijian, Qian: Performing bodies. Zhang Huan, Ma Liuming, and performance art in China, a.a.O., S. 60-81

[45] Huan, ebd.

[46] Huan, ebd.

[47] Yogasmana, Yoyo in: Crisis, aus einem Text mit dem Titel: Yoyoyogasmana performance art concept, ohne weitere bibliographische Angaben, per E-mail vom Künstler zugesandt, am 20.01.2003

[48] ebd.

[49] „Now I don’t want to use some audience in my country to tie me again because they have no deeply senses to feel my pain and made me unconscious or maybe will make me die in the future. But I like to use rope to another audience in another country because they can feel better my pain.” Yoyo Yogasmana, in einem E-mail Interview vom 20.01.2003.

[50] Yoyo Yogasmana in einem Interview, welches ich per E-mail mit ihm geführt habe. E-mail vom 20.01.2003.

[51] Yogasmana, ebd.

[52] vgl. Bauer, Joachim, a.a.O., S. 48

 

[53] Yoyo Yogasmana, a.a.O.

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